Freitag, 26. Jänner 1923

26/1 Traum: Bin in Berlin? Oder München, Art Theaterfoyer, will Sitze nehmen ― zuerst für einen Samstag Vormittag ― ein Tedeum (? … sollte neulich zu Braunfels T. gehn) ― auf der Tafel steht „der letzte Sitz“ 15 Mark, ich kaufe ihn, was mir etwas nobel vorkommt,― dann für eine Shakespeare-Vorstellung Maß für Maß?? ― die leider nicht Abend sondern Nachm. stattfindet, Moissi hat sich irgend wie schlecht benommen (meine Ansicht von ihm!) ― ein Herr, Dir. Bellak von der Länderbank, aber er ist irgendwie im Traum Secretair von Reinhardt oder dgl. ― geht ziemlich wichtig herum, ich sage ihm dass ich schon gestern gehört, wie klug er sich in dieser Sache benommen. Er ist mägrer als in Wirklichkeit (Deutung: er ist sehr dick ― neulich kam ich mir nicht höflich genug gegen ihn vor und mache es nun im Traum gut) … Gehe über einen großen Platz ― Stufen rechts in Ellenlänge führen zu Säulen hinauf (ganz vage Beziehung zu irgend einem Genueser Platz) ― ich weiß, dies ist die andre Seite von dem Theater das neu gebaut wird (D.: vielleicht Neubau Teplitz) ― dann Bahnhofperron Paris, erwarte meine Leute ― der Zug fährt ein;― vielmehr ich sehe nur das Coupé;― darin meine Schwester (oder Tochter),― Heini oder Julius, ― meine Mutter (nicht O.),― und mein Vater. Dieser bleibt düster sitzen, grüßt mich nicht ― wie zerfallen mit der Welt, sehr müd und alt, die Haare unordentlich,― besonders am Nacken (wie ich sie früh manchmal an mir aergerlich sehe, weil solche Details mir das Alter bewußt machen) ― endlich steigt er aus, wir entfernen uns alle (das ganze Erinnerung an mein Abholen der Meinen in Chur 1914) ― wir sind nun alle wieder in dem Theater, das eigentlich ein Hotel, in einem schmalen Gang, von wo das Foyer sichtbar;― jemand sagt, daß irgend was praktisch sei in Hinsicht auf Lili, sie könne hier allein auf uns warten (oder so ähnlich).― Die düstre Erscheinung meines Vaters blieb mir sehr deutlich. Deutung offenbar ― daß mir die Reise nach Baden-Baden zu weit sei (dessen Entfernung ich oft mit der nach Paris fast gleichsetze) ― dann meine Allgemeinstimmung.―

Wache in tiefer Verstimmung auf;― die neue durch den Hauskauf geschaffene Situation wird mir bewußt ― und ich weine viel ―

Neuerliche Einladung des P. E. N. Clubs London; sollt ich nicht doch hin?―

Gegen Mittag bei V. L.; die eben einen Aderlaß bekommen.― Ich spreche von meiner Empfindung ― concreter aus ihrer Existenz nicht viel zu wissen.― ― Dutzende Themen werden angeschlagen, wie immer ― man nähert sich ― in jedem Sinn;― plötzlich reißt alles ab.― Wie halb auch das!―

Nm. an der Doppelnov.

Rmdth. Werkmann Liebessünden (Niese Thaller ― große Künstler). Heini spielte die kleine Rolle eines Bauernburschen, ohne Überzeugung, sprach den Dialekt sehr gut.―

Las die kindischen Skizzen und Gedichte des Frl. Trude Grün (Mscrpt.) ―

Begann Carlyle, franz. Revol. zu lesen.―