Mittwoch, 16. August 1922

16/8 Träume u. a. In der verlängerten Kärntnerstr. treffe ich (etwa vor Hopfner) Helene Binder (schrieb ihr gestern, antwortend eine Karte ―) (sie wohnt Wieden) ― ich sage ihr u. a.: denken Sie, genau an der selben Stelle traf ich (heute? vor einer halben Stunde?) Prof. Freud ― und sehe zugleich ― nicht wie ich ihn treffe, sondern wie er sich entfernt (Absicht ihn zu besuchen ― Stellung zur Psychoan.!); Helene B. empfindet das als sehr merkwürdig, geht,― wendet sich (von der einstigen Elisabethbrücke her) wieder zu mir zurück,― und küsst mich auf den Mund. Ich denke: sie sieht jünger aus als sonst ― sollte sie nun Absichten haben?― O. äußert zu Leuten (die ich nicht sehe) eine allgemein gehaltene Bemerkung dass nach irgend einem Gesetz? oder sonstwie? geschiedene Gatten sich wieder vereinigen sollen ― (?);― lehnt sich aber gegen mich, der sie nicht zurücknimmt, nicht auf;― fügt sich, ohne Pose.― Nach der Begegnung Hel. B. stapfe ich bei der Oper mit Leo Vanjung durch kothigen Schnee (Wymetal ― Regisseur, neulich getroffen!) ― erwähne, der Koth liege 10-12, nein 3 (oder 4) cm hoch, hüpfe mit (oder aus) den Galoschen in die Luft.― Rede (mit wem?) über Operation Niere, wegen Augen, oder umgekehrt und jemand (wer?) (ich selbst) erwähne, an Lola Beeth und Prof. Ehrmann (Syphilidolog) müsse die Operation ausgeführt werden (oder sei schon gemacht).―

Vorm. auf den Salzberg; Pens. Moritz; zu Prof. Freud;― er kommt mit Tochter, Sohn und Bruder, aus dem Wald, mit viel Schwämmen. Andre Verwandte, Frau ― im ganzen eilf.― In seinem Zimmer spricht er mir von seiner Arbeit: „Ich und Es“,― die beeinflußt sei von einem seiner Schüler Groddeck (dessen Roman „Der Seelensucher“) ―; ich erzähle ihm meinen Traum;― wir reden vom Mythos der Begriffe ― ich finde gewisse Analogien in seinen und Arthur Kfm.s (den er nicht kennt) Auffassungen (nur den „Mythos“ betreffend).― Wir essen zusammen. Seine Tochter Frau Hollitscher; ihr Mann.― Harmlos heitre Unterhaltung. Auf seiner schönen Terrasse (kühl, trüb ―) … von Mahler; er erzählt mir von M.’s Consultation in Leiden (Holland) ― ich kann ihm bestätigen, wie nach dieser (durch sie?) das letzte Ehe- (und Lebens-)jahr Mahlers sehr glücklich gewesen. ― Ich erzähle von der Rolle, die Teiche (Weiher) in meinen letzten Productionen spielen;― er sagt: „das ist der Kinderteich“ ―; ich bezweifle die Notwendigkeit dieser Determination (wie ich doch immer wieder monomanisches in seiner Betrachtungsweise, auch spielerisches herausspüre ―) … In seinem gesammten Wesen zog er mich wieder an, und ich verspüre eine gewisse Lust, über allerlei Untiefen meines Schaffens (und Daseins) mich mit ihm zu unterhalten ― was ich aber lieber unterlassen will.

Wieder über die Salzbergstr. zurück nach Berchtesgaden.― Brief von V. L. ― die in Kaltenleutgeben gelandet.―