Montag, 14. Februar 1921

14/2 Vm. Briefe dictirt.―

Brief von O.; der den Entschluss der Scheidung geradezu ausspricht „ich bitte dich … eine sanfte, anständige Lösung laß es sein“. Der ganze Brief wieder in einem Ton ― als wäre nur ihr ein Unrecht geschehn ― auch nicht die leiseste Andeutung, was ihre Schuld ― Einsichtslosigkeit, die mich völlig zur Raserei bringt.―

Salten kam. Seltsam. Zum dritten Mal erlebt er mit mir, kommt gleichsam gerade dazu ― wie ein großes Erlebnis zu Ende geht. Die Märztage 1893; ― M. G. Betrug; ― März 99, M. R.s Tod; ― und nun ― das grausamste von allem;― den Zusammenbruch einer Ehe, eines Hauses,― wieder ein Ende,― das Ende vielleicht.― S. versucht mich auf das wesentliche hinzulenken … Später war ich auch bei ihm. Sprachen viel über die Vergangenheit, Anfänge der Beziehung zu O.― Einmütigkeit der Ansichten über sie … Erfahr ich irgendwie neues? Kannt ich sie weniger ― auch in den Tagen unsres Glückes?― Nein. Immer wußt ich, daß dieses außerordentliche Wesen, das mir unendliches gab, solang sie mich liebte,― an Verständnis, Mitdenken,― sogar Zärtlichkeit (früher einmal) ― durch ihre drei Grundfehler Eitelkeit, Unbescheidenheit, Einsichtslosigkeit an der letzten Entwicklung ihrer Gaben verhindert ist ― seit vielen Jahren wußt ich, daß an diesen Fehlern, wenn die Liebe ganz erloschen,― trotz allen geistigen Einsamkeiten[!], unsre Ehe zusammenbrechen würde. So hab ich mirs allerdings nicht vorgestellt;― der ungeheure Mangel an Takt,― und wohl auch an Herz; diese völlig ins pathologische gehende Ungerechtigkeit übertreffen meine Befürchtungen. Und nur die Empfindung: hier sei auch etwas pathologisches läßt mich das ganze ertragen, ohne daß ich vor Schmerz und Erbitterung gänzlich zusammenbreche ― Daß die endgiltige Katastrophe in diesen Vor-vorfrühlingstagen eintreten dürfte, hab ich geahnt: sie sind für mich schicksalshaft von außen, für Olga schicksalshaft von innen. (Aberglaube?― Nein.) ―

Heini und Lili kamen aus dem Szell ― Feuermannconcert.―

S. sagte viel kluges; und daß ich nach einer Schuld meinerseits suchte, „ergriff ihn“.― Ist vorherwissen Schuld?― Halten wollen Schuld?―