Dienstag, 28. Dezember 1920

28/12 Besorgungen in der Stadt.―

Nm. erwartet O. G., der gestern für ein paar Tage ankam. Ich sage, daß ich zur Verfügung stehe. Sie erklärt, daß sie völlig entschlossen sei, mein Haus zu verlassen, aber allein zu bleiben; läßt sich, wie sie neulich gesagt, in nichts „hineinjagen“ … Und als ich bemerke, daß die zwei letzten ruhigern Tage mir ihren Entschluss überraschend erscheinen lassen, beginnt sie: „Was bildest du dir ein …?“ U. s. w. Erklärt, daß ja eigentlich alles schon vor zwanzig Jahren begonnen habe,― greift bis auf ― Vahrn zurück;― sagt böse, häßliche, ungerechte Dinge.― So könne es nicht weitergehn;― es würde mit Mord oder Selbstmord enden. Die Hofrätin habe sie für Donnerstag hergebeten, um über einen Advokaten mit ihr zu sprechen; gleich nach Neujahr fahre sie nach München zu Lucy, oder nach Ebenhausen (Sanatorium).― Und ihre Perlenschnur verkaufe sie u. s. w. ― Ich sage ihr, daß ich ihr niemals Grund gegeben habe, ihre mater. Sicherstellung für den Fall der Scheidung anzuzweifeln;― stelle ferner fest, daß ich es nicht bin, der sie „hinausjage“ „wie einen Dienstboten“,― und daß mir mein Schicksal im ganzen und großen doch recht unverdient erscheine. Sie (übrigens in einem furchtbaren Nervenzustand) findet, jeder müsse bezahlen u. s. w.― Ich gehe aus dem Zimmer ― mache den vergeblichen Versuch am Weiher weiterzuschreiben; empfinde das ganze Graun dieses Zusammenbruches und vor mir, auf dem Pult, steht das Bild von O., aus der allerersten Zeit ― und ich weiß nun (vielleicht in diesem Augenblicke zum ersten Mal) daß alles zu Ende ist.

Ins Freie, Nebel, Koth; in ein Kino ― nordische Frühlingslandschaft, Jugend, Liebe;― wieder, in Gußregen und Dreck ― „heim“;― in Thränen, Thränen, Thränen.

― Mit O. nichts mehr von Belang gesprochen.