Sonntag, 11. Jänner 1920

11/1 S.― Spazierg. Pötzleinsdorf, Salmannsdorf, zufällig mit Dr. Paul Wertheimer und Frau.― Urheberrechts-, Valuta-, Steuerfragen. Reizende Geschichte von Siegfried Trebitsch. Als er während des Krieges im Meidlinger Spital als Offizier diente, klagt er, daß alle Zeitungen von Schlachtberichten u. dgl. voll seien. Ernsthaft meint er zu Paul W.: …Wenn ich jetzt falle, bringt die N. Fr. Pr. höchstens dreißig Zeilen über mich!―

Ausnehmend geschmackloser Artikel im N. W. J. über „einen Abend bei A. S.“ von Kurt Sonnenfeld (auch über Heini, „dessen offnes frisches Wesen auf manche sanfte Christine und manche kecke seine Wirkung nicht verfehlen wird“ ―).

Zum Thee Arthur Kfm., Lichtenstern, Leo, später Salten. Arth. Kfm. hat seinen Artikel gegen Einstein vollendet. Leo prophezeit ihm ein „Martyrium“. Kfm. ist auf Angriffe gefasst. Ich freue mich, dass er endlich hervortritt. Der erste Mensch, dem gegenüber ich ein „Jüngergefühl“ habe. Ich glaube an ihn, ohne bei meinen mangelnden mathematischen Kenntnissen und Talenten ihm völlig folgen zu können.― In der Klarheit seines von jeder Eitelkeit freien hohen Geistes wird mir wohl zu Muthe.― S. erzählt Jagdgeschichten;― davon ausgehend über Todesfurcht und Todesangst; physiologisches, sprachliches.―

― Auch Leo nun völlig „beruhigt“ über Arth. Kfm.; er hält sich für den vorläufig einzigen (und dürfte es wohl auch sein) der seine Philosophie mit ihren Voraussetzungen vollkommen zu verstehen vermag.―

Mit Salten allerlei politisches. Er erzählt mir von dem letzten Brief Leopold Wölflings (des ehemal. Erzherzogs) aus Berlin, wo er als Agent lebt. Er wäre jetzt der erste Anwärter auf den Thron; und S. hielte ihn sogar ― für den rechten Mann, sieht sich auch schon ― halb humoristisch als seinen Rathgeber, freilich nicht auf lange, aber dann wieder zurückgeholt.―