Mittwoch, 19. November 1919

19/11 Generalprobe „Sterne“ von H. Müller im Burgtheater ― Praetentiöser Schmarrn. „Problem.“ (Galilei.) Der erste Akt erweckt Erwartungen.― Mit Salten über die Zustände und Ausgaben. Grotesk. Er hat in diesem Jahr schon über 100.000 gebraucht. Ich wohl das doppelte.

Bei Julius zu Tisch.

Nm. im Volksth. Schallud. Decorationsprobe für die Schwestern, schematisch.―

Zu Haus O. über ihre Concerte. Sie fragt mich und sich, wie die übeln Kritiken zu erklären und die feindselige Haltung insbesondre bei Freundinnen (wie Mimi). Ich erkläre (nicht zum ersten Mal) daß ihr Talent sie hätte weiterbringen müssen als sie ist; daß menschliche Mängel das Hindernis bedeuten: Sie hätte die Concerte nicht als die Hauptsache, sondern als accidentiell betrachten sollen;― ihr Fleiß äußere sich in acuten Anfällen ― ohne wirkliche Consequenz;― sie lasse sich zu leicht er- und eben so leicht entmutigen;― im übrigen empfänden die Leute ihr ganzes Streben nach der Oeffentlichkeit als unverhältnismäßigen Aufwand gegenüber den Resultaten;― als meine Frau hätte sie eben höheres zu leisten;― und nun gar diese Concerttournée um jeden Preis ― unter den heutigen Verhältnissen ―!― Sie war einsichtsvoll wie schon lange nicht. „Vielleicht hab ich diese Lection gebraucht …“

― N. d. N. die eigentliche Aussprache. Auch hier war sie sehr einsichtsvoll und schien mir zwar nicht von absoluter Wahrheit, aber ohne jede Hinterhältigkeit. Sie war „beglückt“, daß sie endlich zu mir reden könne, daß ich sie nicht durch Krampfhaftigkeit zurückstoße;― gab ihr trotziges „bockiges“ Wesen zu;― klagte mein Mißtrauen an, das sie so oft verhindert hatte etc.― Ich beweise ihr, daß sie alles gethan, um mein Vertrauen zu verletzen; und es kam die Rede auf den Klatsch sowie die zu Grunde liegenden Thatsächlichkeiten. Hauptschuld ihr eignes Geschwätz,― zuletzt Alma gegenüber; ferner die Taktlosigkeiten, die sie begangen. Ihr Briefwechsel mit Alma, Entschuldigung Almas. Ich hatte den Eindruck ziemlicher Aufrichtigkeit; war kühl und fast ohne Groll. „Du hast mich vielleicht mehr geliebt“, sagte sie, „aber ich liebe dich ewiger.―“ Wir schieden so freundschaftlich, wie seit Monaten nicht nach einer Aussprache,― die von ihr diesmal ohne Trotz, von mir unverkrampft geführt wurde.―