Samstag, 21. Juni 1919

21/6 Vm. Volksth. Geiringer u. a. Über die wachsende Gefahr der Rätheregierung. Volkswehrgeschichten. Einer der communistischen Hochstapler, der ihre Sache führt ― „Bildungsamt“ verlangt für die Volkwehr eine Vorstellung der „Armut“ von Wildgans. Es kommt ― kein halbes Dutzend der bildungshungrigen Volkwehrleute.― Immer wieder versuchen sie bei solchen Gelegenheiten ― die Billets zu verkaufen.―

Auf dem Ring spricht mich ein Herr an, stellt sich vor: Dr. Schwarzbart, Herausgeber der Aerztezeitung ― er will mir einen Romanstoff erzählen … Danke. Also ― einen Roman aus dem Leben, er braucht meinen Rath. Er trägt mir die etwas complicirte Angelegenheit vor; ich gebe einen Rath (der nichts nützen würde ― selbst wenn er befolgt werden sollte), und er empfiehlt sich.

Secession; wegen ein paar nicht übeln Decor. Skizzen zur Beatrice von Fr. May Pohl, die mir geschrieben hatte.

― Buchhändler Heller (Concertbillets) über die jammervollen hoffnungslosen Zustände;― die Unaufrichtigkeit der sozialdemokr. Partei. Ganz interessant (wohl inspirirt) behandelt er das tragikomische Problem Friedrich Adler;― der Mörder Stürgkhs,― zum Tod verurtheilt ― begnadigt ― und der nun gewissermaßen um sein Martyrium geprellt seinen Ruhm zu behaupten sucht. Nach Hellers? Auffassung (Er gibt „Imago“ heraus, die psychoanal. Zeitschrift!) bedeutete der Mord an Stürgkh eigentlich einen ― Vatermord:― gemeint war Victor Adler, mit dem der Sohn sich angeblich sehr schlecht stand.―

Gegen Abend Hr. Fr. Wallisch, junger Zahnarzt und Literat, hatte mir ein paar leidliche Novelletten (gedruckt) geschickt. Er berichtete mir von seinen Anfängen; ablehnende Haltung seines Vaters; ist auch journalistisch beflissen;― wirkte im ganzen äußerlich und trivial; wird vielleicht seinen Weg machen.―

Spazieren Windmühlhöhe, zuerst mit Schönherr und Ludaßy (über den neuen Richtvertrag).― Wühlende Verstimmung.―

Glazounov Symph. mit Heini.