Freitag, 13. Juni 1919

13/6 Vm. Bank, Geld holen, Gespräche mit [einigen] Beamten. Unsichere nächste Zukunft. Wahrscheinlichkeit der Räterepublik und Folgerungen.― Hr. Fleminger erzählt mir daß er Filme schreibt und spielt. Prof. Przibram (Geld holend) pessimistische Voraussagen. Von seinem Bruder, den das Budapester Gesindel als Geisel eingesperrt. Die sechzig Gefangnen, die eine Genossenschaft gründen. Einer, der eingeliefert wird: Ich möchte mich auch betheiligen,― kann aber leider nicht zahlen: Ich erhalte keinerlei Unterstützung von meiner Familie. Mein Name ist Josef Habsburg. Dr. Paul Cohn überreicht mir Hefte seiner Züricher Zeitschrift Das neue Europa.―

Gegen Abend Oblnt. Viola („Personal Adjutant des Unterstaats Secretairs für Heerwesen“) wollte meine Empfehlung für Fischer. Er wirkte so sympathisch, daß ich mich bereit erklärte, sein (Tagebuch) Mscrpt. zu lesen.― Wir sprachen über Kriegsschuld und innenpolitisches (communistische Möglichkeiten).―

Dann Dr. Rud. Pechel, Red. der Dtsch. Rdsch.; will die oesterreichische Note besonders pflegen; schätzt unsre Cultur und ― sogar unsre derzeitigen Staatsmänner höher ein als die deutschen (was mir zweifelhaft).― Ich gab ihm unverbindlich „Schwestern“.― (Correspondenz war vorhergegangen.)

Idee „Großdeutschland“.― Er gefiel mir sehr gut; beide, der Wiener und Berliner ergänzten einander im Gesammteindruck so trefflich, daß meine Stimmung sich erhöhte und ich hoffnungvoller in die Zukunft sah.―

Las Kornfelds „Himmel und Hölle“, Drama. Talent gewiß. Aber welche Praetension! Affectation! Hochmut! Wichtigthuerei! Natur- und Musikferne! Bekenntnis zur Menschenliebe ― hinter dem sich Kälte und Hass ― kaum verbirgt! Und im technischen welche Saloppheit;― im Stil welch klägliches Gemisch von Sturm und Drang ― Romantik ― Symbolismus ― Naturalismus ― in expressionistischer Sauce!―