Freitag, 22. November 1918

22/11 Traum: Ich trete in ein Vorstadtwirtshaus „Glocke“ (war vor bald 30 Jahren öfters in einem so heißenden mit M. G.); nehme allein an einem Tisch Platz, an mir vorüber, mit Gruß Hofrat Kobler und einige andre (die ich eigentlich nicht wahrnehme),― setzen sich an den letzten Tisch (ziemlich großer kahler Saal ― wie eine nicht fertig gestellte Decoration), um zu berathen (wohl die Cottageschutzmaßregeln). Zu mir tritt ein hübscher blonder Bub, 4 oder 5, in Mädchenkleid, weiß; ja der eine Zwilling von Schott, fragt mich, ob ich nicht in den Secirsaal komme (Bernhardi!― gestriges Gespräch mit dem Mediz.stud. Weinberg über Prof. Tandler und Secirsaal!);― ich frage, ob dort nicht seine Mutter sitze; es ist eine ältliche Dame mit Pfropfzieher Locken, gouvernantenhaft aussehend, Brille (gestrige Abendlecture ein Spaß von Ettlinger, wo so was ähnliches vorkommt), und wo der Vater sei. Der Kleine, neben dem nun auch sein Brüderchen steht;― ich streichle den ersten zärtlich über sein Blondhaar (sie sehen in Wirklichkeit ähnlich aus;― aber es waren im Traum mehr die Söhne von Annelise Kösters). Der ältre Bub antwortet: Er ist in der Kirche, dort sucht er immer eine, die singt, und mit der er ein Verhältnis hat und bringt sie der Mutter nach Haus. Ich wende mich fragend zu Heini (oder Julius?) der neben mir steht, der nickt bestätigend.―

Vm. Probe Bernh. 4. Akt.―

Mit O., Heini, Paul Marx Kammerspiele, Neustudirung von Anatol; mäßige Vorstellung.