Freitag, 6. Juli 1917

6/7 Vm. bei Richard Specht. Er arbeitet an seinem Strauss Buch, will aber nun das über mich beginnen. Beginnt dann von Fel. Salten, der „mit einer tiefen Wunde“ umhergeht. Sein Bedürfnis, mich ins Unrecht zu setzen. Ich ließe ihn immer im „Stich“. Seine Beispiele lächerlich ― (Vor 17 Jahren habe ich Rob. Hirschfeld an die Frankf. Ztg. empfohlen ― nicht ihn (erinnre mich nicht ― offenbar erbat man eine Empfehlung für R. H. von mir) ― ferner habe ich vor 5 Jahren auf seinen Wunsch, bei Benedikt für ihn zu sprechen, erklärt, ich wolle nichts thun, was wie eine Intrigue gegen Auernheimer aussähe ―) ― die Wahrheit liegt anderswo. Er fühlt sich im Unrecht gegen mich.― Wera meist dabei; ihre Concertreisen.―

O. über Briefen Stephis, liest mir unter Thränen einige vor;― so einen aus Lemberg ― der eigentlich schon (1½ Jahre früher) ihren Weg vorzeichnet.―

Nm. an der Cas. Nov.―

Gerty L. und Hr. Gross, ein 20j. Einjährig Freiwilliger, der mit der sog. Jugendbewegung zu schaffen hat und allerlei hoffnungskühnes, dogmatisch-anarchistisches, ohne viel Wissen und Menschenkenntnis, aber nicht dumm und nicht unsympathisch vorträgt ― kleiner blonder energischer Junge, mit „activistischen“ und zionist. Tendenzen.

Nach d. N.― Salten (er hatte sich ― offenbar nach einem teleph. Gespräch mit Specht) angesagt. Nichts von den Unstimmigkeiten. Über Politik, die Lage, die er in jedem Sinn als hoffnungslos ansieht. K. K. unsicher, popularitätshascherisch (die Amnestie!) ungebildet, beifallsuchend (Thronrede). Revolution im Winter unvermeidlich.― S. sieht nun Deutschland, vielmehr Wilhelm und die um ihn als die Hauptschuldigen an (was absolut falsch ist).― Vom Fremdenblatt hat er sich redactionell angeblich ganz zurückgezogen ― weil es von der Regierung allzu abhängig.― Erzählt einige Kriegsanekdoten in seiner glänzenden Weise. Fährt morgen nach Ungarn zu „Freunden“ auf ein Schloss, seiner Familie nach (ohne die Namen zu nennen). Jagdleidenschaft seines Sohns.― An der Uhrkette eine herrliche Medaille, von Fischmeister eben als Anhänger montirt. Das immer spärlichere Einkommen.― Dann, mit der ganzen Familie nach Franzensbad. Sein Austritt aus dem Concordia Ausschuss, wegen angeblicher von Auernh. gegen ihn geleiteter Intriguen anläßlich der Augustin Aufführung. Schilderung des jungen Adler ― er und sein Vater beim Prozess. „Der einzige, der während dieses Krieges eine wirklich große That vollbracht.“ (Fast wahr.) ― So war er anregend wie immer, mit seinen Halbwahrheiten und seiner innern und äußern Problematik und kann auch anders ― sowohl reden als schreiben ― ohne daß es ihm eigentlich zu Bewußtsein kommt.

1917-07-06