Sonntag, 13. Mai 1917

13/5 S. wurde mein 55. Geburtstag gefeiert. Blumen von O., den Kindern, mäßig gelungene Bilder; auch Lebensmittel.―

Arthur Kfm. holt mich ab, Spaziergang Dornbacher Park, gegen Sophienalpe, auf einer Wiese gelegen, Park zurück.― Zuerst philosophisches,― dann über das period.-psychopatholog. bei Frauen.― Über Recensenten, wie Wilh. Herzog; über Karl Kraus (― wie groß ist die Gefahr für den Satyriker Moralist oder Fälscher zu werden).― „Würd ich über Sie zu schreiben haben ― ich ginge vom „Eins. Weg“ und „Medardus“ aus.―“ Scherze. Ich erfinde eine Morgenstern-Figur, die zwei Uhren trägt, eine 10 Min. zu früh, eine andre 10 Min. zu spät gehend, um genau zu wissen, wie spät es ist.― Die überflüssige Tafel „Park“ bringt mich auf einen Menschen der nach Hause kommend, solche Aufschriften neben Tisch, Sessel, Kasten anbringt, auch auf seine Frau einen Zettel hängt „Gattin“ u. s. w.― Ferner der „Annoncenquerulant“ ― Ein Brett zerbrochen, Gefahr für nächtliche Brückenüberschreiter ― was thun? Die Bank dort demoliren ―: Schicksalsvolle Wendungen: Man wird eingesperrt, und ein nächtlicher Spaziergänger der auf der Bank ruhen will, bricht sich den Hals.―

Stephi zu Tisch, schweigsam, schlecht aussehend, zerrüttet. Erzählt mir von ihrer Donaufahrt neulich.―

Mimi, Ama später. Im Garten. Zusammenhanglosigkeit der drei Frauen ― neulich trafen sie sich zufällig in der Oper. Die Hofr. kommt. Mimi über ihre Schweizerpläne; die Hofr. will ihr helfen. Mimi: „Was soll ich thun? Ich bin ein arbeitsscheuer Cretin.“ ― O. macht ihr dann, nicht mit Unrecht, bittre Vorwürfe. Stephi verlässt die Terrasse und sitzt zerbrochen neben der Kommode.―

Gisa, gratulirt mir gleichfalls.― Die Gäste gehn. Ich packe, bin ermüdet, enervirt. Wir nachtmahlen auf der Terrasse.― Lese noch im Jacques le Fataliste, in Grimm, Südafr. Novellen.―

Hatte geträumt, ein junger Bursch ließe mich fordern; ein jüdischer Freiwilliger zeigt mir eine Art Schachtel ― was ist das:― Er: „Sie werden es wohl wissen.―“ Es ist ein Pistolenkasten. Grund der Forderung darf ich nicht erfahren. Im Badezimmer probirt O. mit Frl. Reiter (?) ― mein Gegner abgewandt, steht da; ich bin über O. empört, rede vornehm französisch mit ihr, sie cajolirt mich ebenso. Der Jüngling verweigert wieder die Antwort, warum ich mich mit ihm schlagen müsse. Ich lehne ab. (Fldb.-Reminiscenzen.)

1917-05-13