Samstag, 13. März 1915

13/3 Heute vor zwanzig ― heut vor sechzehn Jahren!― Und das gegenwärtige ist so unwidersprechlich, als hätte mans schon damals gewußt! ―

― Im Konzerthaus bei Secr. Botstiber, wo Frau Prof. Bergmeister; näheres über meine Vorlesung, 30. März für die im Feld Erblindeten, Künstlerfürsorge, Familien der einberufnen Aerzte.

Dann mit Frau Prof. B. hinüber ins Akad. Gymnasium jetzt Spital. Ich hatt es glaub ich seit gegen ― 35 Jahre nicht betreten. Gewiss nicht den Festsaal, wo ich maturirte, und wo jetzt verwundete liegen. Einer aus Bayern (?), ein Lehrer erkannte mich und schien erfreut als ich mit ihm sprach. Nur prophezeit wäre das Leben sonderbar;― die Wirklichkeit ist selbstverständlich. Dann erkannt ich das Conferenzzimmer, wo ich mit meinem Lehrer Lang als 9j. Bub mich dem Prof. Windisch (Direktor) vorstellte, Strohhut in der Hand, mit einem Gefühl von Devotion dessen ich mich noch lange nachher schämte, was dann noch in den Aegidius überging („denn manchmal wohnt in Menschenseelen ein solcher Keim zum Dienenwollen“). Schwestern und Besucherinnen der Schwestern standen herum saßen auf den Soldatenbetten, waren in Küche und Nähstube beschäftigt; Frau B. machte sich wichtig, war wienerisch jovial, wollte dass mir die deutschen Soldaten die Wacht am Rhein vorsängen (was ich heftig ablehnte), sprach mit den Ungarn ungarisch, stellte mich dann dort vor; im ganzen eine gutmütige Person.―

Zu Hause waren Ergas und Frau, aus Florenz angelangt;― aber hoffen, bald schon wieder zurückkehren zu können. Friedenssehnsucht, überall, besonders in der Front ― Unruh!―

Nm. am „Fliederbusch“.―

Karl, mein Neffe kam, als Artilleriefreiwilliger sich verabschieden, geht morgen nach Mor bei Stuhlweißenburg, freut sich auf das Neue.―

Zum Nachtm. Otto Zuckerkandl mit Frau und Sohn; Schmidls, Mimi, Stephi.― Ich spielte Klavier, die andern ein Kinderpoker.―