Mittwoch, 30. September 1914

30/9 Briefe dictirt.― Leo Feld bringt einen Akt, „Weckruf“, den ich noch in seinem Beisein lese; will meinen Rath. (Eine etwas kindliche Gelegenheitssache.)

Nm. las ich O. meinen Brief an Fischer vor (er hatte mir u. a. geschrieben. „Oesterreich scheine „auch“ jetzt nicht auf der Höhe der Situation“ etc.) ― meine Erwidrung schien O. matt (sie ist stilistisch wirklich nicht sehr gelungen ―) es entwickelt sich eine Discussion, in der sie mir was sie meine „reservirte kühle Haltung“ nennt, eine unzeitgemäße Selbstbewahrung u. dergl. vorwirft;― ins concrete übersetzt ― dass ich nicht essayistisch auftrete oder sonst irgend eine dem Augenblick gemäße Thätigkeit suche.― Sie tadelt meine Verclausulirungen und Einschränkungen im Brief an Fischer u. s. w. ― ich erinnre sie an alles ― was wir selbst zum Capitel Oesterreich in den letzten Tagen gesprochen haben ― Freilich in pathetische Enunciationen ― in Essays gehören Nebensätze nicht;― im Drama mach ich aus einem Nebensatz eine Gegenfigur.― Das Gespräch wurde erregt;― ich lehne es ab, mich in dilettirende Gschaftlhuberei hineinhetzen zu lassen.

Zum Nachtmahl Hugo und Gerty. Mein Brief an Fischer (auf Anregung O.s vorgelesen) scheint Hugo „ungefähr das beste, was man in diesem Fall antworten kann“.― Richard kommt später. Wir studieren die Landkarten. Sehr zuversichtlicher Armeebefehl des Erzherzog Friedrich. Es sieht ganz gut aus.