Sonntag, 13. September 1914

13/9 S. Traum: Salten mit mir an einem runden Tisch, auch O.; sie hat ihm gesagt, ich sei gekränkt dass er nie nach meinen Sachen frägt (er hat es in der That über zehn Jahre nicht gethan); ob das wahr sei, ich spräche ja bekanntlich so ungern von meinen Sachen … Dabei ißt er von meinem Teller Schaumkoch mit Nudeln, ich denke ― aha: darum so zutraulich ― dann bin ich zur Sandrock gerufen (der ich neulich auf einen Brief hin etwas geschickt) ― sie wohnt bei einem Hausmeister (gestern im Graesler die Stelle mit der Hausbesorgerin corrigirt) ― sitzt an einer langen Eßtafel, mit etwa 20 Menschen, fast feierlich; Strial ist auch da (Annies Mann, der Schauspieler, der neulich einberufen aber wohl wieder superarbitrirt wird) ― an einem Katzentischl ― das ganz nah an die Tafel angeschoben ist,― er sitzt mit dem Rücken zu dem großen Tisch, was so aussieht, als sitze sein Kopf beweglich und allein auf dem Tisch ― ich rufe (etwa) Oh Banquo’s blutiges Gespenst―! (Meine Vorlesepläne!), Strial lächelt unbefangen; ich sitze in einer Art Erker, die Sandrock steht, bescheiden gekleidet, noch überraschend jung aussehend bei mir;― fragt etwa, wieso Lili sich nicht um mich kümmere ― nun läuft Lili ganz beleidigt, ein wenig älter als in Wirklichkeit zu mir und schmiegt sich an mich. Später, nach anderm verworrenem und nicht mehr reproducirbarem Zeug fehlt mir Lili ― ich suche sie, habe den Verdacht, man habe sie geraubt, um Lösegeld zu erpressen (Krieg ― Geiseln!) ― ich gerate in Verzweiflung, rufe, händeringend Lili wodurch ich erwache.―

Lilis 5. Geburtstag. Bescherung.―

Regen. Spazieren Schafberg; Pötzleinsdorf.―

Neulich Reiks Artikel „A. S. und der Krieg“ im Berl. Tagbl.; sehr hübsch, wo er auf die vielen Kriegsbeziehungen,― ja „-ahnungen“ in meinen Sachen hinweist;― es fällt mir ein dass in fast all meinen nächsten in Betracht kommenden Stoffen der Krieg mit- oder doch im Hintergrunde spielt. (Verführer, ― ein Glas zu viel ― Weiher ― Geschwister.)

Später Speidel getroffen, auch die Kinder mit Fingi und Frl. Loew ― ein Extrablatt verkündet neuen deutschen Sieg in Ostpreußen; günstiges auch immerhin problematisch aus Galizien.

― Nm. kamen Hans, Karl (der in der akad. Legion wirkt), Anni und Else Speidel zur Geburtstagsjause.

― Zum Nachtm. Julius Helene. Julius erschöpft und deprimirt von den schweren Verwundeten, die heute kamen.― Jemand telephonirt dass die Deutschen vor Paris geschlagen seien ― was sich bald als falsches Gerücht herausstellt.―

Frobenius „Deutschlands Schicksalstunde“ mit großem Interesse gelesen.―