Donnerstag, 1. Mai 1913

1/5 Schöner Sommertag. Statt Preßburg spaziert ich über Hameau, Rothes Kreuz und retour, 4 Stunden. Anfangs verstimmt, angeekelt; später freier. Meine Erlebnisse als die typischen des fünfzigjährigen Künstlers empfunden, der viel erreicht hat. Abfall, Verrath, Hinterlist, Schwäche der zurückgebliebenen „Freunde“ ― wer hat es nicht erlebt? Goldmann, Kerr, Robert Hirschfeld, … man könnte auch andre nennen.― Dann die jungen, die man „gefördert“, die in den Rücken fallen, bei erster Gelegenheit. (Schulfall Ehrenstein.) ― Complicirtheit der Sache bei mir: Oesterreicher. Jude.― Reines Verhältnis zu meinen Werken, meinem Wesen, ausgedrückt, fast nur in der Ferne, eher von Ariern. Widerstand auch bei einer Artistengruppe, die wohl mit Recht fühlt, dass meine Künstlerschaft nicht ersten Ranges. Doch weiss ich dass von meinen Sachen mehr bleiben wird als von manchen, die als Künstler größer sind.

Im Wald traf ich Frau Prof. Monti, die Wittwe des Direktors der Poliklinik, der nach meinem Vater kam, und vorher gegen ihn intriguirt hatte. Blick, wir beide dachten: Heute hätte Preßburg sein sollen.

― Nm. im Garten, Holitscher Amerika weiter gelesen.

Zum Nachtmahl Prof. Zuckerkandl, Frau Z., Vicki; Hofrätin Zuckerk. und ihr Sohn Fritz,― Schmidl, Wassermann. Schmidl erzählt von Reisegefährten, Journalisten und Offizieren die aus (und vor) Skutari kamen.