Donnerstag, 5. Dezember 1912

5/12 Überschau ich die Kritik über Bernhardi (die im ganzen günstig ist und durchaus den Erfolg constatirt) ― so muß ich wieder sagen: die Tendenz der Kritik heißt mißverstehn ― wenigstens dem Lebenden gegenüber. Die einen halten sich darüber auf ― daß ich ein Tendenzstück geschrieben, die andern ― daß ich keins geschrieben habe. Und unter denen, die wichtigthuerisch berufsmäßig Fehler ankreiden, sind gewiß nicht wenige, die als Privatleute bedingungslos gutheißen würden. Politik verdirbt den Charakter ― Kritik den Verstand.

Vm. dictirt „Komödiantin“ weiter.

Den Nachmittag verlesen und vertrödelt.

Abends bei Zuckerkandls. Mit Schmidls hin. Mit Nedbal und O. Brahms Gesang für Viola- und Clavierbegleitung. O. sang und Nedbal begleitete sie. Brahms und Beethoven von Nedbalquartett, mit Viki am Clavier.

― Bei Tisch zwischen der Hofräthin und Professorin Zuckerkandl. Mit der Hofr. über Bernhardi. Klimt, einem lustigen Faun nicht unähnlich, mir gegenüber. Hr. Fr. Prof. Klein. Hofr. Zweig (stellt sich O. vor: „Entschuldigen Sie, ich bin ein Hofrath aus dem Unterrichtsministerium ―“). Hofrath Kunzek. Etc.