Mittwoch, 13. März 1912

13/3 Wach gelegen bis gegen 7 früh! Kaum 1-2 Stunden geschlafen. Schwere Gedanken und nichtiges das schwer wurde.

Frühlingsspaziergang gegen Grinzing, Hohe Warte. Im Anschluß an ein Gespräch mit O. über das eben erschienene Mahler Heft (Merker) (las es noch nicht) betrübendes Nachsinnen über mich. Im gewissen Sinn das oberflächliche Wort meines Vaters über mich: „Du hast keine Geduld, was langes zu schreiben“ noch immer wahr. Welche Minderwerthigkeiten in meinen größern Werken neben Stellen hohen Rangs. Auch daß mir die Schlüsse (3. Akt Liebelei, 5. Eins. Weg, Weites Land) oft so besonders gelingen, irgendwie mit meiner Stall-Ungeduld in Zusammenhang.― Auch meine menschlichen Qualitäten empfand ich als zweitrangig ― das letzte fehlt mir auch an dem was manche meine „Vornehmheit“ nennen; und auch an meiner Intellectualität.―

Traf Dr. Wengraf. Gymnasialgespräche, Matura Erinnerungen. Über Parlament, Landtag (er ist Berichterstatter), Antisemitismus; Figuren (Bielohlawek, Seitz, Schuhmeier, Heilinger, Hraba). Der Stadtrath Oppenberger, früher kleiner Geschäftsmann, wohnt bei der Großmutter Wengraf, wie er antisemitische Brandreden hält, kündigt ihm die Frau W. ― er darauf „Aber bitt Sie ― was macht denn das … lassen S mich nur weiter da wohnen ― der Antisemitismus ist ja nur eine vorübergehende Erscheinung ―“

Nm. versucht dem Sommerstück nachzusinnen. Durchgehende tiefe Unzufriedenheit.

Leonie Guttmann zum Thee. (Egypten.)

Zum Nachtmahl Familie, Vallo, Gustav.