Mittwoch, 23. November 1910

23/11 Generalprobe Medardus. Mit O. und Helene.―

Es ging über alle Maßen gut, von 10-3 ― und war eine der besten Vorstellungen, die ich je auf einem Theater gesehen. So daß die fast ungetrübte Freude über ein so seltnes künstlerisches Erlebnis selbst eine ev. Enttäuschung morgen aufwiegen müßte. Hinter mir Frau Lewinsky und Tochter. Ich vorn Ecke ― sprach nur Leute, die zu mir kamen. Burckhard, der allerlei gutes sagte, Hugo Ganz (nach dem 4. Akt: „Jetzt trau ich mich erst zu gratuliren, … ich hab nicht gewußt, wie das Publikum es hinnehmen wird“ ― zu deutsch: Ich hab nicht gewußt, ob’s mir gefallt.) ― Thimig oben sagte mir, die Leute seien „wie besoffen“ … natürlich gäb es auch andre Stimmen; so hatte Weilen zu Goltz vor Beginn gesagt … „Das Vorspiel ist gut … dann ist das Stück aus.“ Was ihn nicht hinderte, später an mich heranzukommen und zu „loben“. Salten hielt sich fern ― war ganz Kritikus mit gelben Handschuhn. Helene, „literaturfern“ ― war über diese Freundeshaltung ganz außer sich.― Berger strahlte;― und war ganz überzeugt, daß er eigentlich Regie geführt hatte. Die Wohlgemuth (der ich nach der 1. Probe die Rolle wegnehmen wollte, ja, auch ich kann mich irren!) hatte einen großen Erfolg; sie gab O. in der Garderobe ihr Bild.

― Nm. las ich „Drei Männer in einem Boot“ u. a.; Dr. Pollak; da O. mit leichtem Catarrh zu Bett; Briefe geordnet. Mit O. viel über Aufführung des Medardus, Copien einzelner markanter Stellen.―

In Maupassant, Maison Tellier gelesen.