Sonntag, 15. Mai 1910

15/5 Pfingstsonntag. 48. Geburtstag.― Viel geträumt, wie meist: z. B. Frau Lewinsky spielt die Herzogin Wallenstein, bleibt stecken, versteht den Souffleur nicht, frägt ihn hinunter ― „wie ―? zährt? sehrt ―?“ ― tritt ab, in ein Nebenzimmer, man bringt ihr, da sie vom Burgtheater abgeht, eine Kaffeeserviette, sie ― das gehört ja nicht mehr mir, worauf Minnie Benedict die Serviette, Monogramm L. S. mit verbindlichem Lächeln mir überreicht.― Dann Spaziergang in Straßen ländlicher Art, mit wem?, dem ich ― ein Lob A. Polgars singe.

― Früh Blumen von Olga, Heini, Lili ― Stöcke für den Garten. Bucheinband, Schlafrock-Seide.― Heini spielte Clavier vor (ziemlich schlecht).

Spaziergang allein PötzleinsdorfDornbacher Park. Ohne Sentimentalität Nachlaßbestimmungen bedacht.― Schöner Frühlingstag, etwas sciroccal. In der Tram auf dem Rückweg die Judenmädeln, dann andersgläubige im Gespräch ― beides amusant gefunden.―

Bei Mama zu Tisch mit O., Heini. Hajeks. Tante Wilheim und Arthur W. der sich eben verlobt hatte; Tante W. vergaß nicht die Mitgift zu erwähnen, Hajek unterließ nicht mäßige Witze.―

Mit Mama ein Bach Concert.

Auf überfüllter Tram mit O. und Heini heim.―

― Bernhardi, 3.Akt zu Ende.―

Julius und Helene (gestern von Paris zurück) kamen ― Ich fragte vor allem nach Kainz (Salten hatte mir vorgestern erzählt, daß er erkrankt und die „Zeit“ meldet heute, daß eine leichte Operation durch Julius bevorstehe) ― hörte aus Julius’ Andeutung mit Entsetzen, um was es sich handle.― Einiges über Paris, über unsre bevorstehende Reise, über literarisch theatralisches.―

Olga und ich von dem erfahrenen tief bedrückt; bis zu Thränen ― fort, in den Cottagestraßen herum; mit Leo, der von Richard kam, unser neues Haus von außen besichtigt, es ihm erläutert.―

Nach dem Nachtmahl Pfingstnummern gelesen.