Sonntag, 26. September 1909

26/9 S. Mit Heini Cobenzl, Himmel.― Gespräch über Ausgrabungen, Thermen Caracalla, Diocletian-Palast ― Pompeji ― nichts interessirt ihn mehr …. „Wenn man hier graben würde, möchte man noch Pistolen oder Helme aus der Türkenzeit finden ―?“ ― „Aber doch aus der Franzosenbelagerung.“ Wie wir, im Herbstglanz in der Meierei Cobenzl saßen, er, kindhaft, das Glas in beiden Händen die Milch schlürfend ― schon ein Bild, dessen Wirkung in zehn, zwanzig Jahren man sich vorstellen konnte, alle Ergriffenheit vorwegnehmend (und doch nicht verschwendend).― Im Hinabgehn erzählt ich etwa den Inhalt meiner alten Erzählung Reichtum (wegen des vergrabnen Geldes) ― „Daraus solltest du ein Stück machen.“ ― Wie ―? „Also erster Akt vor dem Wirtshaus, zweiter Akt, wie der Mann mit dem Grafen in der Equipage sitzt und durch die Straßen fährt.“ ― Das geht nicht gut auf der Bühne. „Es müßte eben eine sehr große Bühne sein …“ ―

Nachmittag stand O. zum ersten Mal für eine halbe Stunde auf.―

Helene zu Besuch.―

Vm. war, während meiner Abwesenheit, Wassermann (aus Aussee zurück) dagewesen, hatte O. von Hugo und Heimann erzählt;― wir mußten uns aus der Luft retten, die er zurückgelassen. O Menschen.―

Mit O. abends, nachdem ich Lili auf dem Arm gehalten, mit Rührung diesen erwachenden Kinderblick auf mir gefühlt, über Kinder, unser Verhältnis zu ihnen. Daß man sie gewissermaßen nur bis zur Pubertät behält ― und sie erst wieder hat, wenn sie selbst Kinder bekommen. O. „Drum wünscht man sich vielleicht Töchter, weil man sie früher zurückkriegt …“ ― Über die Unheimlichkeit des Lebens ― Vergangenheit noch tiefer als die Zukunft.―

Notirte einiges zur Lügenwelt (als ernstes Stück), begann nach dem Nachtmahl „Der Vorige“ zu schreiben.