Samstag, 3. April 1909

3/4 Vm. mit der Elektrischen nach Baden. Dort im Park und in Straßen herum. Schneestöbern und Kälte. Im Nach-Wienfahren mit Dr. Postelberg geplaudert; Südbahn gegessen; daheim Richard, der zwei Stunden blieb. Ich redete ihm sehr ins Gewissen; insbesondre daß er seine Arbeit nicht auf so lange Sicht anlegen dürfe, worin ja auch eine Art Ausrede läge; und daß er nicht darauf warten dürfe, bis alle kleinen Ärgernisse aus dem Weg geräumt seien, was ja nie der Fall sein könne.― Über Rhythmus in Lyrik und Drama, an Lohengrin anschließend, das wir spielten.―

Ununterbrochene Kopfschmerzen, so daß ich gar nichts machen konnte.―

Las Fackel, eine Art Jubelheft zum 10j. Erscheinen. Man kann über Karl Kraus sagen: er hat die Wahrheit verkündet, in Fällen, wo seine Galle und seine Eitelkeit ihn nicht davon abgehalten haben. Allgemein ethisches innerhalb des sexualen hat er mit Witz und sogar mit Kraft zu sagen gewußt; dem ästhetischen steht er nicht ganz ohne Verständnis aber ohne Interesse gegenüber;― das persönliche verdunkelt ihm jede Fähigkeit wirklichen Urtheils.― In sämmtlichen Fällen, die mich betrafen, und in denen er, seinem ganzen Temperament nach, seiner Einsicht nach für mich hätte eintreten müssen (Beatrice, Gustl, Reigen) hat er, mit absichtlicher Entstellung der Thatsachen gegen mich geschrieben ― weil sein alter Groll gegen mich nicht auslöschte. Vor etwa 1 Jahr versuchte er (Anfrage wegen eines Übersetzungsrechtes für wen und Gratulation zum Grillparzer Preis) mit mir anzuknüpfen; ich dankte höflich ― ohne mich weiter zu rühren.―