Montag, 4. Februar 1907

4/2 Vm. mit Heini zu Fuß Pötzleinsdorf; O. und Fräulein nach.―

Nm. las ich Hauptmanns „Jungfern vom Bischofsberg“, die vorgestern in Berlin Theaterskandal entfesselten. Von unfaßlicher Plattheit. Gegen Abend kam Richard, mit dem Buch, ganz geladen, hatte Stellen angestrichen.― Über den „Kreis“; das charakteristische, dass die Juden vor dieser Christlichkeit hochachtungsvoll daliegen.― Wie auf Erden keine Möglichkeit der Aufrichtigkeit ist. Wenn ich z. B. eine Brochure schriebe: „H. und seine Freunde …“ Beginnen müsst ich mit den Worten: Wahrscheinlich würde die Sache mich nicht interessiren und gewiss nicht erbittern, wenn ich nicht selbst ein Dichter wäre, und ich mich dagegen auflehnte, dass an jenen von vornherein ein andres Mass gelegt wird als an mich …

― Neid?― ― Gewiss auch irgend was davon. Neid ist wahrscheinlich das Ferment aller menschlichen Beziehungen.― Aber gewiss auch Zorn über Ungerechtigkeit. Verletzte Eitelkeit?― Ja. Natürlich. Aber Eitelkeit ist das Ferment jedes Lebensgefühls, ja vielleicht jeder Lebensmöglichkeit.―

An der Tragikomoedie Nachts.