Sonntag, 19. März 1905

19/3 S. Vm. erschien Anna Sikora; bald darauf Kienzl.― Auf sein und seiner Freunde Bitten hatte Anni darein gewilligt, ihn noch einmal, in unserm Beisein zu sehn.― So kam es, dass wir O. und ich dieser Abschiedsscene beinahe ganz beiwohnten. Er weinte viel und „verstand nichts“ … sie war unbewegt und mußte das Lachen oft verbeißen. Es war ziemlich theaterhaft; im Nebenzimmer O. und ich küssten uns. Endlich sprach ich mit ihm, bevor er fortging, einige Worte („wie wenn eine Nebenrolle, um den Schluss wirksamer zu machen, von einem ersten Schauspieler besetzt ist“).― Im Nebenzimmer las ich auch in seinem Buch (Kritiken) in dem sehr vernünftige Dinge stehn.―

Liesl und Anna Sik. ass zu Mittag da.― Dann kam Frau Baumgartner, Tante Annies, dicke Währinger Bürgerfrau mit Währinger Elegance; sich erkundigen, wie die Sache ausgefallen.― Das einzige Element, gegen das jeder Kampf nutzlos, ist Gleichgiltigkeit, die aus Liebe wurde.― Woher nehmen nur die Leute das Recht „die Welt nicht mehr zu verstehn“, weil ihnen etwas passirt, von dem sie wissen, dass es jeden Tag hunderte mal andern passirt und das sie noch nie in Erstaunen gesetzt, ihnen früher nie das Weltbild verändert hat? …

Nm. Briefe, ordnen etc. Klavier.―

Frl. Erl, die während meiner Abwesenheit viel mit O. verkehrt hat.―

Bei Mama mit O. und Liesl.