Mittwoch, 8. Juli 1903

8/7 Vm. dictirt (2. Akt, J.).

Nm. nach langer Zeit O. bei mir.―

Nachts in der Red. bei Salten. Nach kurzem Gespräch über Ehescheidung Fulda etc. er: „Haben wir uns sonst nichts zu sagen?“ ― ― Es stellte sich heraus: Mirj. hatte ihm (schon im Herbst) gesagt, O. habe von seiner „Unverläßlichkeit“ gesprochen; was sie doch nur von mir haben könne. Ferner: ich hatte ihm nicht vorher gesagt, dass etwas von mir in der N. Fr. Pr. erschiene (Puppenspieler) ― Ferner: von der Reise kam erst aus Lugano eine, nur von mir unterschriebene Karte. (Ich hatte thatsächlich mit O. schon aus Venedig geschrieben) ― Ferner: O. hatte einmal beiläufig zu Otti gesagt: Arthur möchte Wettrennspielen; jetzt wird er Ihren Mann dazu „abrichten“ ― (woraus hervorginge, in welcher Art man (ich) von ihm sprechen müßte ―) etc.―

Lange Auseinandersetzung, in der auch sein Verhaeltnis zu Gust. Schwarzkopf zu Sprache kam;― und in dem er betonte, wie er jederzeit für mich eingetreten und sich wirklich freundschaftlich gegen mich benommen.

Das ist, von einer gewissen Zeit an gerechnet, sehr richtig; und, wenn man in die Tiefe geht, steckt als Grund in seiner Überempfindlichkeit, gelegentlich Gereiztheit der Umstand, dass man ihn öfters (künstlerisch) als von mir beeinflußt, abhängig hinstellt; und er sich (von mir) nicht genügend geschätzt glaubt.

In Wirklichkeit glaube ich, dass niemand von seinem Talent höher denkt als ich; dass aber seine Eigenart in künstlerischem Sinn nicht bedeutend ist. Was nicht ausschließt, dass ich ihm für die Zukunft (nicht nur journalistisch, innerhalb welchen Gebiets er direct erster Rang ist sondern auch „literarisch“) Werke von Glanz, vielleicht sogar von Kraft zutraue; Verstand, Wille, Kunsteinsicht und Einblick in menschliche Verhältnisse sind oft mehr werth als dieses vage „Eigenart“, das eigentlich nur die Atmosphäre, nicht die Intensität von Kunstwerken ausmacht.