Dienstag, 18. August 1896

18/8 In Kopenhagen bei Georg Brandes.― In der früh hatte ich zufällig einen Brief von Marie Herzfeld bekommen mit der Übersetzung der Stelle in dem Pol. Artikel von Brandes, die sich auf mich bezieht ― Er nennt Liebelei ein bewunderungswürdiges oesterr. Trauerspiel … und mich den von allen oesterr. Dichtern, „dessen Talent am eigentümlichsten und sichersten ist“.― Ich ging zu Br. mit Richard, der ihn bereits, durch eine Karte von mir eingeführt, kennen gelernt hatte.― Das erste was er uns sagte, bezog sich auf Peter Nansen; wie uns die Frau gefallen, und als wir ihre Anmut und „Unschuld“ lobten, ironisirte er unsre Menschenkenntnis und erzählte: N. habe vor Jahren mit ihr gelebt, dann habe sie mit einem andern gelebt, oh ein Schuft ― und N. habe sie immer geliebt und ihr nach Nizza geschrieben, sie solle wieder zu ihm; da habe sie geantwortet, nur wenn er sie heirate. Und richtig hat er sie geheiratet ― aber ich bitte Sie, das ist doch nicht schön, wenn eine Jahre lang sich im Bett mit einem s. Kerl und Schurken herumgewälzt ― Sie hat ihm wahrscheinl. eingeredet, dass der sie nie besessen hat … Wir haben ihn sehr bedauert.― Ein französ. Herr wird kommen; der behauptet, Socialism und Individ. lassen sich vereinigen, er wird uns das erklären.― Der blonde Franzose, ein Professor der Mathematik kam. Die Erklärung, um die es sich dann bei Tisch viel handelte, mißlang ihm; auch ein Gespräch über Causalität fiel nicht zu Gunsten seiner Klugheit aus.― Brandes (das Gespräch ging französisch) erzählte hundert amüsante Dinge in einem leichten, schmerzlichen, ironisirenden, feinen Ton; während er die Augen selten ruhig auf einem von uns weilen liess; meist sah er vorbei; er sitzt vorn auf einem Stuhl, den Körper nach vor gebeugt und unruhig, die Finger in einander verschlungen, zuweilen mit der rechten Hand durchs Haar fahrend.― Welttratschen hat ihn, glaub ich, Brahm einmal genannt. Aber da sich das anekdotische, das er vorträgt, meist auf sehr große Menschen bezieht und durch alles sein eignes sehr eigentümliches Wesen vorblinkt, hat man nie den Eindruck des Kleinlichen; ja es ist vielmehr, als machte er so die Leute erst recht lebendig, von denen er spricht.― Erzählung von einem Diner mit Ibsen; Toast Brandes; Erwidrung Ibsens: Auf die Rede des Herrn Br. wären wohl einige Objektionen zu machen ― die ich aber vorziehe nicht zu machen.― Ein Herr im Namen einer Schauspielerin preist Ibsen, der so herrliche Rollen geschaffen ― Ibsen erhebt sich: Ich habe nie Rollen geschrieben … habe dabei nie an Schauspielerin gedacht … ― „Trotzdem sehr dankbar.“ ― Ibsen: Nachher kann man ja wohl an sie denken.―

Strindberg kommt zu Brandes: Sie wissen doch, dass ich von dieser niederträchtigen Person geschieden bin?― Am Tag drauf, Probe des Strindb. Stücks im Theater, Strindb. zu Br.: Sagen Sie, ist 800 Kronen für eine Wohnung von 6 Zimmern etc. zuviel? Br.: Wozu so große Wohnung? Sie sind ja geschieden! Strdb.: Ja ― gewiss, aber nun ist meine einstige Frau eben meine Maitresse. Br.: Das ist ja nicht möglich ― gerade Ihre Frau ist die einzige Frau auf der Welt die Sie nicht zur Maitresse haben können, eher Ihre Großmutter ― je ne le vous recommande pas.―

Jacobsen Denkmal. Br. wendet sich an Ibsen. Ibsen: Wer?― Br.: Norweger, Dänen, Schweden. Ibsen: Welche Norweger?― Welche Dänen?― Welche Schweden ― Br. nennt Strindberg unter den Schweden.― Ibsen: Wie Sie können glauben, dass ich meinen Namen auf eine Liste setze, auf der Strindb. steht?― Nie in meinem Leben!― Br.: ― Also wir werden sogar auf Strindb. verzichten. Ibsen: Nun, Sie werden meine Unterschrift nie dazu haben ― aus Strafe dass Sie überhaupt gedacht haben, ich könnte meinen Namen unter diese Liste setzen.―

So ist das Jacobsen Denkmal nicht zu Stande gekommen. Dabei ist der Hass Ibsens auf Strindberg nur auf eine kleine Novelle Strindb. in den Ehegeschichten, wo Nora harmlos ironis. wird, zurückzuführen.

Unglückliche Ehe Ibsens, Ibsen in Rom, betrunken, nach Haus geschleppt.― Änderung der Schrift Ibsens, seit er berühmt ist. (Br. zu mir: Ich wünsche Ihnen dass Sie auch bald eine schiefe Schrift bekommen.―)

― Verhältnis Ibsens mit „Hilda Wangel“. 33-34j. Klavierlehrerin. Ibsen sehr glücklich. Brief an Brandes, wie dieser ein Feuilleton über Goethe und Marianne Willemer veröffentlicht, den uns Br. vorliest (übersetzt).―

Frühstück: Prediger Johannsen, Glück bei Fraun; Brandes, Ibsen. Ibsen auf die grauen Haare Joh. weisend, verständnisvoll lächelnd: C’est Ça, ce qu’elles aiment!―

― Hass BjörnsonIbsen.―

Mit dem Franzosen nach Skodsborg.―