Donnerstag, 15. August 1895

15/8 Ischl.― Dr. Stümcke, dicker studentisch aussehender geschmackloser Herr, Red. der N. lit. Bl. stellt sich vor. Ergibt sich als naiv komischer Mensch, der sich für schön, erfahren, hochbegabt und berühmt hält.― Redet gleich von der Lou Brion, seiner alten Freundin. Sehen Sie, der kann man wohl nachweisen, dass sie nichts übles thut. In der früh fährt sie Bic., dann Probe, Abends Theater.― Ich: ― Und Nachmittag von 4-6 ―??― Er: Waren Sie einmal um diese Zeit dort ―?― Er gibt verschämt stolz ableugnend sein Verh. mit ihr zu: „Darüber schweigt des Sängers Höflichkeit.“―„Ah man muss gar nicht schön sein, um Glück bei den Frauen zu haben ― man muss gut rasirt, gut frisirt sein, darf keine Auswüchse im Gesicht haben, reinen Kragen und reines Hemd, darf auch ein Flanellhemd sein (er hatte nemlich eins) … und darf nicht nach Schweiss und nicht aus dem Mund riechen …“ „Ich hab ein Stück geschrieben, die Frau Majorin ― habe über 40 lobende Kritiken drüber …“ Meine Mutter sagt mir manchmal: „Ja wenn du so deinen guten Tag hast, da begreif ich dass dir keine widerstehen kann …“ Meine Gedichte sind wohl zehnmal besser als die von Baumbach ― Wissen Sie, was ich gethan habe zu der Tombola: Reclam und Wohlthätigkeit zugleich, ich habe ein Exemplar meiner Gedichte als Preis gestiftet … U. s. w. u. s. w… Es ist merkwürdig mit dem Ruhm, es passirt mir manchmal, dass ich in eine Gesellschaft komme und man kennt meinen Namen nicht!―

― Abend im Theater Nitouche.―

Selbsterkenntnis: Vielleicht ist’s so, dass ich nicht tief bin aber doch auch das tiefste verstehe.―

Ich kokettire ein wenig mit meinem aerztl. Beruf, seit ein liter. Vorwärtsschreiten zu merken.―

Großer Künstler ― zweiten oder dritten Ranges?―

1895-08-15