Montag, 12. November 1894

12/11 Zärtlichkeit fehlt mir.― Nm. war Mz. Rnh. da; sehr lieb, und ihr Duft that mir wohl. Sie beunruhigt mich; ich sie auch.― Abd. war ich bei Dilly, die mir wieder von ihren Weinkrämpfen, Rodaunausflügen, Angstgefühlen und Nervenzuständen erzählte ― und mir so fürchterlich nichts ist.― Dann nach Hause. Seit 9 Tagen habe ich von Mz. keinen Brief ― in den letzten Tagen (Wirkung einer Decoration im Doppelselbstmord, die mich an Würnitz und Neulengbach erinnerte) hab ich eine schmerzliche Sehnsucht nach ihr. Ich nahm ihr schönes Bild in Rahmen aus der Lade, stellte es vor mich und fühlte einen quälenden unsäglichen Schmerz ― nicht darüber dass sie mir untreu war, sondern daß ich sie verloren. ― Es ist wie ein Sehnen nach dem Frühling, der Jugend, nach etwas, das nie wiederkommen kann. Nur sie habe ich geliebt ― und sie liebe ich noch; heute weiss ichs ― wo ich sie über ein Jahr nicht gesehen, über 2¼ Jahr nicht besessen. Und dabei ist es doch wahrscheinlich: wenn sie wiederkehrte und meine Geliebte würde ― so wär es kläglich und traurig und mit dumpfem Schmerz ohne Schönheit.―