Montag, 1. Oktober 1894

1/10 Abends reiste Tante Marie M. nach Amerika ab.―

Ludaßy ist Red. der allg. Ztg. geworden.―

Abends bei Dilly. Sie als etwas ungeheuer wichtiges ― Nu was mir heut geschehn ist!! Burckhard hat ihr nemlich telephonirt.― Mir wars so gleichgiltig.― Dann spielt ich Clavier und sie quälte mich mit Zärtlichkeiten.― Dann kam Olga Dv. und der Komiker R-ch, dem sie (Dilly) natürlich schon Du sagt, was mich eifersüchtig machen soll. Die gehn nach 10 Minuten.― Dann erscheinen Mutter und Bruder, sprechen, Bruder von seiner Stellung im Bankgeschäft ― gehn wieder. Endlich ich zu ihr.― Schon während ich allein im Speisezimmer wartete, kommt die Mutter zu mir herein: Sie ist heut abgespannt.― D. läßt mich rufen; Mutter: Gehn Sie nur hinein ― und geht.― Wie ich etwa ¼ Std. bei Dilly bin, im Vorzimmer Poltern, Rufen „Adele!“. Ich nervös. Sie schaut nach, auf mein dringendes Verlangen. Ich warte im Bett, werde ungeduldig, kleide mich dann an.― Dilly kommt zurück, will nichts sagen;― nur „Mutter ist betrunken und verrückt“.― Ich wüthend ― Poltern, Rufen.― Mutter. Ich öffne. Die Mutter sagt: Herr Doktor, gehen Sie heute, Sie sehen, dass sie betrunken ist.― Dilly: Mutter, komm herein. Mutter: Ja es wäre anständig gewesen, wenn Sie heute weggegangen wären, da Sie ja sowieso alle Nächte dableiben. Morgen wird sie absagen etc.― Ich ruhig: Mäßigen Sie sich.― Mutter: Ich bin ja die Hurenwirthschaft gewöhnt ― aber jetzt wohnt ja (seit ½ Jahr!) der Christel da ― das ist ein Ehrenmann!― Dilly rasend: Mutter, jetzt geh, jetzt geh!― Ich sage ein paar ruhige Worte. Mutter schon an der Thür: Sie gehören überhaupt nicht in das Haus ― Sie sind ja nicht einmal von unserm Glauben! Ab.― Dilly rasend. Ah, in dem Haus bleib ich nicht.― Ich: Lächerlich etc.― Sie: Ah, so macht sie’s immer! Ich: So war’s auch mit Burckhard? Sie: Ja. Sie möchte mich immer verkuppeln.― Anna B. das Kammermädchen erscheint.― Dilly:― Einpacken. Wir gehn sofort aus dem Hause. Was hat denn die Mutter? Anna B.: Sie hat schon bei der Baronin viel getrunken und jetzt mit dem jungen Herrn 2 Flaschen Champagner. Jetzt macht sie sich Essigumschläge ― Dilly: Ich geh aus dem Haus. Ich erschieße diese Frau.― Ich: Ich komm’natürlich nie mehr in dieses Haus!― Sie: Wie, mich willst du’s entgelten lassen? Oh das soll sie mir büßen! Immer macht sie’s so.― Ich: Das ist taktlos, mir das so oft zu sagen.― Endlich geh ich; sie will sich anziehn und weg ― ich bin überzeugt daß sie zu Haus bleibt.