Samstag, 16. April 1892

16/4 Neulich bei der Missa von Beethoven lauerte ich meinem Verständnis auf; ich merkte, dass ich kaum bei dem Viertel des Werks auf seine Schönheiten kam.―

Ich bin noch sehr unselbstständig oder zum mindesten sehr beeinflussbar in der Auffassung meiner wichtigsten Lebensangelegenheiten. Ohne daß es mir deutlich zu Bewußtsein gekommen wäre, weiss ich heute doch, daß ich gestern, in jener platten Gesellschaft, an der Seite von Th.s Gemahlin, Mz. gegenüber das Gefühl hatte ― als dem Mädel, mit dem man eben ein Verhältnis hat.―

Abd. bei mir Mz. (3).― Ich erzählte ihr vom gestrigen Abd.― warum?― Sie weinte, war gekränkt, wollte weg von Wien, fühlte sehr gut heraus, dass ich Unrecht damit gethan, ihr die Sache zu erzählen. Ich hatte nur den geringen Vortheil, für den leichten Aerger auch sie leiden zu sehen; kränkte sie weit mehr, als ich mich gekränkt gefühlt hatte; beging also eine Gemeinheit. Sie war aber bald versöhnt.