Mittwoch, 22. Juli 1891

22. 7. Gestern bei Rosenbergs. U. a. E. ― Ein liebes Kind, 17 Jahre ― und liebt mich!― Aber es war nichts als ein leichter Hauch von Wohlbehagen, der mich traf, gewiss keine Spur von Süßigkeit ― Und doch wenn Mz. im entferntesten das empfinden könnte, wie dieses nichts ― ich wäre ― was eigentlich? ― Unglücklich wohl!― Ich habe auch nicht die rechte Gegensatzempfindung gehabt: die Liebe der „Sünderin“ und die Liebe „der Reinen“. Für mich steckt alles, jede Abart der Liebe in Mz. Ich sagte oft zu Mz., wir haben zwei Verhältnisse miteinander, ein wildes sinnliches und ein keusches, eine Art Jugendliebe ― dazu gehört nichts als Natur.― Und doch, was hilft das alles, wenn es wieder Momente gibt wie heute, wo wir in Leobersdorf zusammentrafen ― und der Gedanke nicht fern lag ― daß sie hier einmal mit Th. zusammentraf? Und als ich dann allein zu Fuß nach Vöslau ging, an Kottingbrunn vorbei, einen Wald gewahrend, und zugleich mit dem Gedanken, ich muß ihr von dem Wald schreiben, der Gedanke über mich kam: kennt sie diesen Wald nicht schon: Aber ich empfinde heute wenig Schmerz, merkwürdig wenig; sie bringt mir soviel Innigkeit und Leidenschaft entgegen, daß in gewissen Momenten die Eifersucht auf die Vergangenheit ihre wahnsinnige Pein verliert. Allerdings ists immer der hohle Zahn, der stets mahnt, auch wenn man just keine Zahnweh hat.