Mittwoch, 24. November 1886

24/11 Mittwoch Nachmittag in meiner Spitalstube ―

Ich bin nämlich seit 1. d. Secundar. bei Meynert und wohn im Spital ―

― Habe dies und jenes zu thun, studiere aber nicht. Nehme mir von Tag zu Tag vor zu arbeiten. Vom 1. Jänner an bin ich Redacteur ― eine fade, dumme Geschichte. Ich Journalist! Hab keine Freude daran ― Möchte so hinleben können.―

Heut’ hab ich einen schlimmen Tag in Beziehung auf O.― Schreib ich darum wieder in mein Tagebuch ― ? Eine Zeit ging es mir gewiss besser ― Wir correspondiren nach wie vor. Nach einzelnen Briefen, die mich rasend machten, kamen wieder süße Briefe, zwischen deren Zeilen gar manches zu lesen stand ― Sie war gewiss schon 4, 5 Mal in Wien ― und gab mir kein Rendezvous. D., welche von ihr vernachlässigt wurde, ist wüthend auf sie ― Gestern war ich auf einer Soirée bei ihr. Vorgestern war nach Wochen O. wieder bei ihr gewesen. O. solle sich der Familie W-m gegenüber in reuigem Tone geäußert haben ― zu D. soll sie vorgestern geäußert haben ― ihr einziges Ziel sei ― eine anständige Frau zu bleiben ― sie wolle mich nie mehr sehen. D. erwidert ihr, das wär kein Kunststück für sie, da sie kein Herz hätte…

Schier unbegreifliche Dinge für mich ― ! Auch ihre Briefe klingen so anders ― Hat sie nur Scheu vor allen andern? Jedenfalls hab’ ich heute ein abscheuliches Recidiv und all die süßen Stunden, die ich mit ihr, durch sie verlebt, stürzen quälend auf mich ein ― Ja ― ich liebe sie ― und die Bemühungen der guten D. ― sie aus meinem Herzen zu reißen, sind vergeblich ― Ist sie denn kalt? … O! ihre Blicke waren wahr ― und ihre Worte manchmal schier trunken ― und ihre Küsse ― nicht von Marmorlippen! ― Es ist alles ― die Angst!― Freilich sagt D., wenn man wirklich liebt, ist einem das alles gleichgiltig ―

Wie wird es sein, das erste Wiedersehen! Und in sehr kurzer Zeit müssen wir uns begegnen ―

1887

Jänner

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März