Montag, 26. März 1883

26/3 Ostermontag Abend … Vor zwei Wochen erhielt ich von Elsen ein Schreiben voll Moral und Entsagung ― sie hört auf meine Geliebte zu sein. Alles in ihrem Briefe klingt wahr ― nur die eine Stelle ist vollkommen falsch: „Ich weiss, daß ich dir durch diese Erklärung unangenehme Stunden bereite.“ ― Ganz falsch ― s. o.―

Ännchen’s süßen Leib verkostete ich gestern vor acht Tagen zum letzten Mal … Dieses Mädchen ist nach ihrem Aussehen und ganzen Wesen der Prototyp einer Grisette ― notabene einer reizenden Grisette. Eine schmiegsame, weiche, schlanke Gestalt … ein köstlicher flaumiger Hals, den ich unglaublich gern küsse ― ein charmantes Köpfchen mit reichlichem blonden Haar, das vorn zierlich gekräuselt in die Stirne fällt … und am allerhübschesten ist dieses Köpfchen, wenn es schon mit dem halb zerrauften Haar aus dem Bette hervorlugt. Dunkle Augenbrauen über blaugrauen Augen ― über die sich in den süßesten Momenten die Augenlider in lieblicher Müdigkeit schließen ― und Lippen voll Wärme und Leben ― und so weiter. Und Geist? Natürlich keiner. Dafür der [reinste] Mutterwitz ― freilich nicht mehr ― Aber ― ich küsse ja nicht ihren Verstand ―

― Auf einem sehr nett arrangirten Kränzchen, das Neumann und Richard gaben, frequentirte ich vorzugsweise Laura E.

Gestern war ich bei E.s.― Fritz, Richard und ich trafen dort zusammen; die Vergangenheit, die Gegenwart ― und vielleicht die Zukunft in dem platonischen Liebesleben einer schwarzäugigen Schönen.―

― Seit einigen Wochen studier’ ich wieder. Interne Medicin und patholog. Anatomie: Ich weiss nicht warum; ich glaube aus Faulheit. Übrigens einiges interessirt mich wirklich. Freilich mehr noch ist mir zuwider, zum mindesten langweilig.―

Seit Anfang d. M. lerne ich Säbelfechten.―

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