Mittwoch, 28. Februar 1883

28/2 Mittwoch Abend.― Wieder ein Monat um und mein Tagebuch leer. Ich war wohl mehr zum leben aufgelegt als zum Schreiben. Aber nun fällt mir ein, daß es doch manches gab, was lieber unvergessen bleiben sollte. Drum ein paar Worte hieher über so manches. Von den Bällen: Von jedem zu schreiben wäre lächerlich, umso mehr als ich heuer für das Tanzen nicht so sehr begeistert war als in den Vorjahren. Meist wählt, ich mir ein oder zwei Mädchen aus dem bekannten „Flor“ aus, und beschäftigt mich mit diesen ziemlich ausschließlich. Auf dem Universitätskränzchen (d. i. vor 4 Wochen) war Fännchen, die mich doch wieder zumeist anzog. Eine kleine Französin mit einem reizenden Savoyardenköpfchen, Frl. Kr. sowie Ida K. und manch andre Mädchen gingen so nebenher. Bei Bächer am 3. d. war mir die interessanteste Jacqueline Sch.-Sch.; ich sah sie seitdem nicht wieder. Auch bei uns zu Hause wurde heuer getanzt; Charlotte H. trat merkwürdigerweise hinter Gis. A. zurück. Ich schwärme für diese Knospen. Wenn sie nur nicht schon so vieles über die Blumen wüßten. Bei Eißler kamen die Mädchen anfangs tief incognito im Domino herein; die Idee war origineller, als die Mädchen, welche sie ausführen sollten. Charlotte H. war da. Bei Prof. Politzer tanzt’ ich den Cotillon mit der altbekannten Marianne Fr.; ein sympathisches Wesen. Auch viel andre weibliche Bekannte traf ich dort. Auf dem Technikerkränzchen trat Fännchen wieder in ihre alten Rechte ― trotz Laura E. und andern. Frl. Löffler sei flüchtig erwähnt. Vor ein paar Tagen war Ball bei H.s ― für mich war eigentlich nur die reizende fünfzehnjährige Therese T. da. Aber sie ist auch wirklich entzückend. Auch heute Nachts auf einem geschlossenen Kränzchen im Dürersaal war sie meine Königin … ich schwamm förmlich im Licht ihrer wunderbaren Augen … sie war nicht ganz kühl. Fännchen, die auch da war, schien tief gekränkt.― Sie tanzt viel mit meinem Bruder.―

Ännchen behauptet sich noch bei mir; sie hat mir manche genussreiche Stunde bereitet und ihre Lippen sind süß! Ich denke mit besondrer Wonne an Sonntag vor acht Tagen … und Freitag den zweiten … Ab und zu war ich auch Vormittag mit ihr im Kaffeehaus oder promenirte Abends mit ihr.―

Studirt wurde natürlich gar nichts. In der Frühe nach dem Garnisonsspitaisdienst war ich gewöhnlich im Arkadencafé; dann aß ich im Riedhof; häufig halt’ ich dann Nachmittagsvisite, u. s. w.― Die Zeit geht hin, man weiß nicht wie ―

März