Sonntag, 23. April 1882

23/4 Sonntag früh.― Gestern Abend sprach ich Fännchen, Fanny, Ida.― Die erste beklagt sich, von wegen geringer Leidenschaft meinerseits, weiss nicht recht, was sie will, ist bald kühl, bald furchtbar verliebt, bald unglücklich, bald resignirt ― etwas pikirt und etwas eifersüchtig ― und immer sehr schön. Ida wieder mehr oder schlimmer als freundlich. Und am nächsten, und täuschen wir uns nicht ― tiefinnerlich am liebsten ― Fanny M.Gisa B. sprach ich dieser Tage; ein zwei Worte. Marie schreibt mir, daß der Kuckuck ruft und sie mich liebt … Über alldem Frühling, herrliche Luft, blauer Himmel, in mir Aufzucken von unruhigen Künstlergedanken, Liebesphantasien, Hin und Herflackern einer mehr glühenden als leuchtenden Lebensflamme … ich spüre eine sonderbare Art von Jugend in mir ― und dabei ein Haufen von Büchern auf meinem Schreibtisch ― Wie das auf mir lastet, ’s ist gar nicht zu sagen.― In ein paar Tagen muss es doch angehn, täglich zwölf oder mehr Stunden Studium ― und ich bin schon a conto so nervös, daß ich manchmal wirklich zu zerspringen glaube.