Donnerstag, 5. Mai 1881

5/5 Donnerstag.― Gestern erwähnte Fany M. einer Bemerkung Fanys: Ida habe ihr mitgetheilt, dass ich sie verachte; mich nicht um sie kümmre. Dadurch und durch ähnliches gereizt lasse sich Fany wahrscheinlich zu jenen Äußerungen hinreißen.―

― Meine Zeit verbring ich jetzt meist wie folgt: ― Bis neun wird die Zeit vertändelt ― dann geh ich ins phys. Labor. „arbeiten“, von 11-12 topogr. Anatomie, hierauf bumml’ ich, spiele Klavier, Billard ― nach Tisch wird die ganze Zeit bis in den tiefen Abend hinein verspielt, verraucht, vertändelt, verplaudert, verbummelt … Ich bin für alles edle, schöne verloren ― jeder tiefern Freude bar ― und empfinde Sehnsucht nach Genuss ― nach Rausch ― vielleicht nach Liebe.

… Schließlich lebt man doch nur irgend einer angenehmen Stunde entgegen ― oder einer lustigen.

― Und ich merke doch, dass Sonnenthals Brief mich mehr deprimirt, als ich anfangs mir gestehen wollte. Besonders da ich wohl einsehe, dass ich ― abgesehen von allgemeiner Fassungskraft und dem landläufig offenen Kopf ― doch zur Medizin keine hervorragende Begabung habe.― Und man läuft doch nicht sein Leben lang als „talentirter junger Mensch“ herum ― man muss doch schließlich was leisten oder wenn das nicht ― sich wenigstens amüsiren.