Samstag, 3. Jänner 1880

3/1 Samstag Morgens. Gestern wandelten wir wieder bei Wind und Thau nahe den grauen Fluten der Donau am Franz-Josefs-Quai herum. Sie war merkwürdig still, besonders anfänglich ― mit einem Male oder vielmehr nach und nach übertrug sich ihre Stimmung auf mich ― sie war lustiger geworden. Es war ganz dunkel; ein närrischer Abend; es wird eine Zeit kommen, da wird mir sein, als hätt’ ich all das geträumt. Es war wunderbar einsam ― ab und zu kamen Leute vorüber; ein eigentümlicher, beinahe wehmütiger Zauber lag über allem. Wenn ich aufrichtig sein soll: ich ward ganz unbeschreiblich sentimental, und es fehlte wenig, ich wäre ihr um den Hals gefallen und hätte geweint und ausgerufen: Wehe, daß es zu Ende gehen muss. Aber selbst unausgesprochen zieht sich oft ein Klang dieses Worts durch unser Gespräch ― und als ich sie zum Abschied unterm Hausthor dreimal küsste, da wollten sich meine Lippen kaum von den ihren trennen ― aber draußen rasselte die Prosa vorbei ― und die Prosa kam die Stiegen herunter, und oben klimperte die Prosa ― und wir mußten scheiden.

― Abends.― ― und wenn dir beim Lesen des Aegidius, wenngleich du ihn „wunderschön“ fandest, manches gewagt vorkam, wenn dich bei den leidenschaftlichen Stellen, wie du selbst gestandest, eine gewisse Angst vor mir ankam - so hast du Recht, denn du bist ein Mädchen.