4/5 Vorm. zu O. Mauerkircherstraße; sie wohnt bei der Hofschauspielerin
Clotilde Sch., ältere Dame. Sitze im Salon mit ihnen, Director Linsemann
(Köln), Schwager von Clot. Sch., und seiner Frau (Schauspielerin).
Über „Fliederbusch“ und andre Theatralia.― Lucy.―
Mit O. und Lucy in O.s Zimmer. Zuerst über die Sommereintheilung,
insbesondre Lili, Zusammensein mit ihr; Aussee; dann soll O. aber wo? mit
ihr zusammenwohnen. Schwierigkeiten, die Discussion wird stürmischer,
Lucy wirkt beschwichtigend. Ich komme auf die Formalitäten der
Trennung, O. weint. „Es bleibt uns nichts andres übrig“ sage ich. Wenn
man sich aber irrt? fragt O… Ich: So kann man ja später wieder heiraten
(halb scherzend). O. sinkt schluchzend vor mir auf die Kniee. Ihre Thränen
schmecken, wie einst die von M. G.―
Wir speisen zu dritt im Engl. Hof, ziemlich allein.―
― In mein Hotel. Baron D., der mir schon auf der Straße
nachgegangen, schickt mir einen Brief; wir gehn vor dem Hotel auf und ab;
er steht in psychonanal. Behandlung, erst bei Freud, jetzt bei Reik, der ihm
gerathen, mit mir zu sprechen;― seit 20 Jahren „Doppel-Ich“, befreit sich
jetzt durch einen Roman; das eine Ich ist ein Lebemann (im Roman
Gesandtschaftsattaché), Elegant,― so hab ich ihn in Erinnerung,― das andre
der Daemon;― Kampf zwischen ihnen. Er wirkt komödiantisch, literatenhaft,
etwas selbstironisch, nicht ganz unsympathisch.―
Zu Lucy. Erstes Gespräch mit ihr. Sie gibt mir eigentlich in allem
recht. Ich solle die Angelegenheit mit Consequenz weiter führen;― O. müsse
am eignen Leib alles erfahren ― das der einzige Weg zur Rettung. Sie spricht
gleich von O.’s Unbeliebtheit;― trotz der zweifellos fascinirenden
Eigenschaften;― bei allem Hochmut doch wieder die kindische
Genügsamkeit mit Freundlichkeiten;― die gute Beziehung, die sie mit mir
anstrebe eigentlich der Wunsch, ich solle mich nach ihr sehnen; die
Beziehung zu G. nicht ein tiefes Gefühl, dessen sie überhaupt nicht fähig …
Alma’s Besuch habe nicht günstig gewirkt, sie (Alma) habe ihr Rechte
vindicirt u. s. w.;― nun seien aber plötzlich (nach meinem Gespräch mit
Alma) zwei Briefe, an Lucy und O. gekommen,― schwärmerisch über mich;―
wir (O. und ich) müssten wieder zusammen kommen,― oder gar
zusammen bleiben.― Lucy findet ferner, ich solle in finanz. Beziehung
weniger large sein;― kaum habe ich ihr (neulich) die monatliche Sust. von
2 auf 3tausend M. erhöht, habe sie auf der Dult allerlei überflüssiges
gekauft u. s. w.― Viel über ihr Kindischsein. Sie habe es eben immer zu
bequem gehabt.― Die Einladung von Lily Feiks nach Berlin fasse sie auch
nicht ganz richtig auf; Lily und G. (der Verleger, jetzt Geliebter von Lily)
seien „entsetzt“ über das was geschehn;― möchten durchaus daß die
Sache wieder applanirt werde.― Begleite Lucy zum Theater (sie spielt
heute).
― Zu O. Auf dem Balkon mit ihr; Blick in Gärtchen. Das einfache
kleinbürgerliche Zimmer, mit einzelnen persönlichen Sachen. Unergründliche
Melancholie dieser Stunde.― O. verfehlt nicht, in aller Betonung ihrer
Freundschaft für Lucy, einiges über deren „Geiz“, „Interessirtheit“
zu sprechen (aus der Empfindung daß Lucy auch über sie manches nicht gute
gesagt haben könnte).― Ich nachtmahle mit ihr; das Gespräch geht mühselig;
mir sind Thränen in der Kehle; Olga stickt; sie fängt wieder an, als
geschäh ihr bittres Unrecht, von den „Gerüchten“ über sie, vor allem von
der übeln Nachrede in Wien, zu reden;― hält sich auf, daß ihr niemand
schreibe (da sie doch niemandem geschrieben, außer V. L., die ihr auch
geantwortet!);― ich spreche von den sehr thatsächlichen Gründen dieser
Gerüchte;― vor allem die Mannheimer Reisen;― zum ersten Mal; es entwickelt
sich eine wilde Scene, wie nur je,― von ihrer Seite mild, nachgiebig ―
„Ich habe dich nie erniedert“ sagt sie … Ich: Ich kann nicht erniedert
werden;― was an dir lag, hast du gethan ― Bittre Thränen. Sie geleitet
mich zum Hausthor. Trauriger Heimweg. In der Tram Begegnung mit Gusti Gl.!―