25/5 Vm. bei Rh., woselbst Lola B.― Die Gerüchte über meine
Verheiratung.― L. B. begleitete mich, auf der Stiege sagte ich ihr,
dass ich ein Kind hab.― Auf der Straße Gespräch; ihr ganzer Zorn auf mich
kam heraus. Eigentlich sei nur der Umstand an Mz.’s Tod Schuld gewesen, dass
ich sie nicht geheiratet;― das „Herumhetzen“ vor der Entbindung u. s. w.
Ich versuchte ihr in Ruhe klar zu machen,― dass sie 1½ Jahre nach der
Entbindung an einer durch kein Anzeichen vorhervermutheten App. gestorben sei,
dass die Zeit ihrer Schwangerschaft, wie sie mir oft gesagt, die glücklichste
ihres Lebens gewesen.― „Unsre Familie hat alles Unglück.―“ ― Ferner
„Die Leute warten ja nur drauf“ ― (nemlich dass ich doch heirate, womit zur
Evidenz hervorginge, dass ich M. nicht geliebt habe).― Endlich verlangte sie
von mir ― Mz.s Briefe an mich.― Erklärte weiter, dass ich für Erhaltung des
Grabes nichts mehr beitragen dürfe.― Ich wurde im Laufe des Gesprächs etwas
heftiger; endlich sagte ich. Sie dürfen nicht glauben, dass Ihnen jetzt
plötzlich der Theil von Mz.s Wesen und Leben zufällt, der mir gehört hat
und nach wie vor gehört.― Wir nahmen Abschied. Sie nahm die Hand nicht die
ich ihr reichte.― Sie hatte Thränen im Auge.― Es war vor Ronacher, ich ging
zu den Kindern meines Bruders.―
Nachm. las ich verschiedentliches durch, das ich in der letzten Zeit aus
frühern Entwürfen dictirt, ohne besondern Grund zur Zufriedenheit. O.
kam mich holen. Beide in schwerer feindseliger Verstimmung. Ihr Bericht
über den Advokaten, dem ich Documente zu geben hätte (wegen
Heiratsbewilligung) macht mich warum weiss ich kaum wüthend.― Wir
holten Fanny M. und Frl. Rothenstein ab; schwüler Abend, Prater, Regen,
[wenig] „Venedig“, „Sousa“, Römersaal genachtmahlt, Rutschbahn etc.; etwas
bessere Laune.― Kaum waren wir zwei in der Tram wieder allein,
Schweigen, Düsterkeit. Ich in einem ungerechten innern dumpfen
haßartigen Zustand ― hervorgehend aus der steten innern und theilweise
äußern Beschäftigung mit langweiligen Angelegenheiten, ferner durch
Sorgen, an denen sie unschuldigerweise die Schuld ist. Die ungeheuren
Ausgaben ― und dazu die dauernde Arbeitsschwäche, ja Unfähigkeit jagen
mich zuweilen in wahre Angstschauer. Und statt ineinander zu versinken,
uns aneinander aufzurichten, erstarren wir gegenseitig in unsern trotzigen
Mißstimmungen. Es ist zum verzweifeln. Könnt ich mich nur mehr
beherrschen, verstellen wenigstens. Es ist eine traurige Zeit. Übermorgen
wollen wir verreisen.―