20/8 Ischl.― Regen.― Flüchtige Begrüßung im Speisesaal Y., indem
sie auf mich zulief.― Dann saßen wir, sie, Paul, Richard und ich auf
der Terrasse.― Nicht weit davon O. und der Gatte.― Bei Tisch ihr vis
à vis; Gatten vorgestellt.― O. auffallend; ersichtlich irgend welche
Beziehung.― Sehr nervös.― Klavier; Y. und ich an Kaffeetisch ― O.
weg mit dem Gatten.― Spaziergang mit Richard, Paul und Y.― Ich
konnte gleich anfangs Bemerkungen über O. nicht unterdrücken.―
Wald.― Anfangs wollte sie ihre Erklärungen verschieben.― Dann
erzählte ich ihr: wie mich plötzlich in Wien jene wahnsinnige
Verliebtheit in sie überfallen und wie schrecklich ihr Brief auf mich
gewirkt; wie ich mich insbesondre an unsern Spaziergang auf den
„Doppelblick“ mit unglaublicher Wehmut erinnert.― Sie schien
betreten. Nun erzählte sie. Wie ich sie in Salzburg trotz ihres Bittens,
über Nacht zu bleiben, verlassen ― entsetzl. Eindruck.― Gleich war ich
wieder der „Frauenjäger“ und sie „auch eine“. In G. kam sie mit
Gatten und Kindern zusammen; dort waren Wiener, es wurde viel
über mich geredet und geschimpft (Frauen). Nun mein kalter Brief.―
In G. mißfiel es ihr sehr; zurück nach Ischl en famille ― Gleich am
ersten Abend O. der sie fixirt.― Man hatte ihr erzählt, O. sei mit mir
befreundet: sie combinirte, ich habe ihm zugeredet, er solle sich mit
ihr befassen, ich habe sie ihm sozusagen empfohlen. Nach zwei Tagen
schon habe er ihr lebhaft gefallen; ganz so wie ich ― und da sie gesehn,
dass es schließlich dasselbe,― habe sie mir um Briefe und Bilder
geschrieben. (Damals war meine Verliebtheit in sie am größten.) ― Ein
Verhältnis habe sie nicht mit ihm (ich sagte ihr gleich, dass ichs
erstens nicht glaube und zweitens, dass das ganz egal sei). Es sei
überhaupt nicht dasselbe,― lustiger etc.― Darauf kam mein Brief ―
und sie habe gefunden, sie müsse mich jedenfalls sprechen, mir der
Wahrheit gemäss alles erzählen; nicht Sehnsucht. Drum mir
geschrieben.―
Ich war sehr irritirt.― Soupirt auch neben ihr (und A.s) ― Gatte
(den man schon gegen mich gehetzt) schien mißtrauisch.― Ich sagte
ihr: alles sei ganz selbstverständlich; sie erklärt, dass sie sich schäme
― wenn sie eine Ahnung davon gehabt hätte, was in mir vorgegangen ―!
ja dann wäre das alles nicht geschehn. Ich: sie hätte mir
anständigerweise schreiben müssen, dass ich nicht kommen solle.
Sie: Oh nein
1897: VIII 20 - VIII 23 259
― es sei auch nie aus gewesen ― O. immer in der Nähe, sehr nervös; wir
waren sehr freundlich zu einander, spielten abwechselnd Klavier.―
Dann Champagner, viele junge Leute; A.s, Rud. K., ― Gatte
Anekdoten; O. sah Y. lang nach, als sie verschwand.―
Im ganzen war es sehr traurig; das traurigste war mir, dass gerade
zu jener Zeit, wo ich am stärksten empfand, sie mit mir fertig war und
O. liebte;― und dass ich sehe, wie mich jede Eifersucht nahezu
unzurechnungsfähig macht; mich Unvorsichtigkeiten, Unklugheiten und
selbst Niedrigkeiten begehen lassen könnte und mich absolut
absorbirt.