13/6 Mittwoch Nm.― Was nützen oder was sollen alle theoretischen
Auseinandersetzungen mit sich selbst. Ich will mich ― oder besser: ich
muss mich doch wieder hersetzen und schreiben. Werde wieder das
„moderne Jugendleben“ hernehmen.―
Und die Medicin? Immer die alte Geschichte! Ich fühle mich ihr
noch immer ― gerade heraus gesagt ― fremd. Ich studiere bereits seit
vielen Wochen wieder gar nichts ― Habe eigentlich die Zeit ganz platt
zugebracht. Nennen wirs die Rennsaison. Ich liess keins von den
Sommerrennen aus, war stets mit viel Interesse dabei und wettete
bald mit weniger, bald mit mehr Glück, so daß ich auf meine
Finanzen bald himmelhoch jauchzend, bald zu Tode betrübt sehn konnte.
Momentan das letztere. Auch die Vormittage verbrachte, ja verbringe
ich möglichst blöd ― mit Zeitungslesen und Billardspiel ― ich
möchte mich selbst ohrfeigen.
― Im Garnisonsspital bin ich auf der IV. Abtheilung, alles
militärische langweilt mich, ja widert mich öfters an.―
Von einem intimen Verkehr kann ich kaum reden. Recht freundschaftlich
verkehr’ ich mit Richard T., auch brachten mich die Umstände oft mit
Louis M. und Petschek zusammen. Ja ― und was ist aus all den alten
Freunden geworden. Es ist der Mühe werth, sichs zu überdenken.
Eugen ― weiss Gott wo? In Amerika wahrscheinlich ― erhielt seit
Monaten keine Nachricht von ihm. Auch der Herr Rechnungsfeldwebel Adolf
W., der in Bosnien weilt, läßt seit lange nichts von sich hören.
Jacques lebt dumm und leichtsinnig weiter, bildet sich ein, Mediciner
zu sein und kommt nicht fort. Karl Z. ist, glaub ich, Kellner in New York.
Emil W. ist an irgend einer kleinen Station Eisenbahnbeamter, wofern’
ich nicht irre.― Richard H. kam im Mai aus Meran, wo er mit einer
nicht mehr jungen geschiedenen Frau einen Liebesroman durchlebte, an
und ist bereits wieder in Aussee.
Otto G. brachte auch den ganzen Winter in Dornbach zu. Fritz K.
läuft in Samtrock und fliegender Cravate herum und „weint“
(metaphorisch) einem platonischen Verhältnis mit einer hübschen
amerikanischen Strohwitwe nach.
Und so weiter. Und die Mädchen ―? Von Else hör, ich nichts ― das
letzte Mal, als ich sie bei M.s sah, reichte ich ihr ein brennendes
Zündhölzchen, mit dem ich mir eine Cigarre angezündet hatte, und
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sagte großartig: „Löschen Sie aus, mein Fräulein, Sie haben ja so
viel Talent dazu.“ Sie drückte mir die Hand und machte große,
gerührte Augen, während ich beinahe lachen mußte.― Von Aennchen
weiss ich nichts ― auch Therese entschwand vollkommen. Gestern sprach
ich nach langer Zeit wieder Fännchen. Ein sonderbares Wesen! Sollte
man glauben, daß sie mich gestern wieder in nicht eben leicht zu
mißdeutenden Worten ihrer unvergänglichen Liebe versicherte?…